Am 13. November hatte ich die Möglichkeit, am
1. Deutschen CSR Kommunikationskongress in Osnabrück teilzunehmen. Thema: Wie Unternehmen ihr Engagement im Bereich Nachhaltigkeit kommunizieren (können, sollten). Es war eine hervorragende konzipierte und organisierte Veranstaltung, an der ich etliche neue Menschen kennengelernt habe und spannende Vorträge gehört habe. Die Podiumsrunden waren passend zusammengestellt, gleiches gilt für die beiden Workshops, die ich besucht habe. Ein paar Eindrücke möchte ich hier festhalten.
Marc Winkelmann eröffnete den Vormittag mit einer Keynote. Drei Imperative stellte er in den Raum: 1. Seien Sie mutig! („Gehen Sie in den Dialog, um die Argumente der Bevölkerung zu hören!“), 2. Seien Sie ehrlich! („Verfolgen Sie eine entwaffnende Strategie – ich habe meine Ahnung, aber ich kümmere mich darum!“), 3. Stellen Sie größere Fragen! („Fragen Sie sich: Worin liegt der Sinn Ihres Unternehmens?“). Sein Fazit: Etwas mehr Demut würde zu mehr Ehrlichkeit und Offenheit in der Unternehmenskommunikation führen.
Ehrlichkeit, das Wort sollte am Ende des Tages sich mehr oder minder durch alle Vorträge und Gespräche hindurch gezogen haben. Ehrlichkeit führt zu Glaubwürdigkeit und Vertrauen, zwei für den Erfolg wesentliche Schätze eines Unternehmens. Dabei wurde zu Recht darauf verwiesen, dass niemand glaubwürdig oder vertrauenswürdig sein kann, dies sind Zuschreibungen von außen. Ehrlich und authentisch, das kann ich sein. Und dazu gehört auch die Bereitschaft, Fehler, nicht erreichte Ziele in z.B. in Nachhaltigkeitsreports zuzugeben. Das ist riskant und wird vielfach als Schwäche abgelehnt – andererseits ermüden die Hochglanzbroschüren die Leser/-innen und führen nicht zu mehr Vertrauen, weil jede/r weiß, niemand ist perfekt und fehlerfrei, ich auch nicht. Unternehmen wie Tschibo haben hier überraschend positive Erfahrungen gemacht, wie Achim Lohrie (Leiter Unternehmensverantwortung) an Beispielen zeigt. Frederik Lippert von der Vaillant Group brachte es auf den Punkt: „Transparenz heißt Erfolge nur dann zu feiern, wenn auch über Misserfolge gesprochen wird.“
Ich fand es spannend und erfreulich, wie viele Unternehmen in Deutschland mittlerweile auf dem Weg sind, nachhaltiger zu wirtschaften und entsprechende Strategien fahren (oft auch gegen den Widerstand in den eigenen Reihen). Von Vaude wusste ich schon, aber Tschibos Anstrengungen waren mir ebenso neu wie manch andere Firma, die sich z.B. in der von Yvonne Zwick aus der Geschäftsstelle des Rates für Nachhaltige Entwicklung vorgestellten
Datenbank des Deutschen Nachhaltigkeitskodex (die 2016 deutlich verbessert und überarbeitet wird). Das Themenfeld Nachhaltigkeit, ökologisch und soziale Produktionsbedingungen, globale Lieferketten ist dabei, im Mainstream anzukommen, der Bedarf wird für mich auch daran erkennbar, dass der Nachhaltigkeitsrat einen entsprechenden
Leitfaden für KMUs herausgegeben hat.
Am Nachmittag nahm ich am Workshop „Social Media und Mobile Communication“ teil. Michael Herz, Geschäftsführer von DFB-Online gab interessante Einblicke in die Social Media-Aktivitäten des DFB, der anders als die allermeisten Unternehmen mit riesigen Nutzerzahlen arbeiten kann – und muss. Joachim Schöpfer (geschäftsführender Partner von Serviceplan Corporate Reputation, einer Agentur für Reputations- und Nachhaltigkeitskommunikation) schlug in einem Statement einige Pflöcke ein: „Alte“ Marketingmethoden (wie das „Anbrüllen“) passen immer weniger zu de den modernen Medien und Möglichkeiten, das führt zur steigender Verzweiflung in der Branche, weil die vertrauten Waffen immer stumpfer werden. Seine These: „Die Verbraucher/-innen möchten zunehmend, dass die Firmen, deren Produkte sie kaufen, etwas zur Rettung der Welt beitragen.“ Hier gilt es zu überlegen, worüber habe ich als Unternehmen eine Kompetenz bzw. Relevanz zu sprechen? Das wird mir in der Kommunikation abgenommen, weil es authentisch ist. Es gilt also nach den Themen zu suchen, die zu mir und meinem Geschäftsfeld „passen“. Und dann, nur dann kann Social Media auch zum Dialog werden, weil dazu gehört, dass mein Content den oder die Andere/n bewegt. Schöpfer wies auch darauf hin, dass Social Media neben einer Strategie entsprechende zeitliche Ressourcen benötigt. „Einfach noch oben drauf“ gesattelt auf vorhandene (Stunden-) Budgets wird man schwerlich Erfolge feiern können.
Leider, leider hatte Sabine Kirchhoff (Professorin am Institut für Kommunikationsmanagement an der Hochschule Osnabrück) nur noch fünf Minuten, um ihre Thesen vorzutragen. Sie konnte auf unnachahmliche Weise nur darauf hinweisen, dass es etliche Mythen in der (Online-) Kommunikation gibt, die „echte“ Kommunikation eher verhindern als fördern. Das ging alles so schnell, dass ich nicht mehr mitschreiben konnte. Nur einen Gedanken kann ich noch erinnern: Die Aufmerksamkeit wird dann gesteigert, wenn Themen aufgegriffen werden, in denen die Bedrohungen der Werte von Einzelnen angesprochen werden oder wenn Krisen des gesamten gesellschaftlichen Systems diskutiert werden (das kann an der aktuellen Debatte um die Flüchtlinge aufgezeigt werden.
Auf der einen Seite fand ich die Einblicke in Nachhaltigkeitskommunikation von Unternehmen als KDAler hoch spannend, auf der anderen Seite frage ich mich aber auch immer, was solche Erkenntnisse für unsere innerkirchliche Kommunikationsstrategie bedeuten. Einige Fragen, die mir durch den Kopf gingen:
- Wie sieht es mit der Kommunikation der innerkirchlichen Bemühungen um Nachhaltigkeit im eigenen "Wirtschaften" aus? Sind wir hier transparent im Sinne von Lippert und Lohrie, dass wir auch die Misserfolge kommunizieren?
- Welches sind die Themenfelder, in denen wir kompetent und relevant sind? Anders gefragt: Was sind die Themenfelder, in denen uns Kompetenz und Relevanz zugeschrieben wird?
- Gelten die Aussagen von Schäfer auch für unsere kirchlichen Veröffentlichungen, dass alte Wege sich nicht abnutzen, sondern auch nicht mehr zeitgemäß sind?
- Was bedeutet es für unsere Kommunikation, wenn Sabine Kirchhoff recht hat und vor allem Werte und befürchtete oder reale Systemkrisen Aufmerksamkeit auf sich ziehen? Haben wir hier Kompetenz und Relevanz - und die nötigen Ressourcen?